Kirche St. Nicolaus in Alsterdorf, Samuel EnslinEin weiteres Mal hatte Irre menschlich Hamburg am 26. September 2011 zu Gesprächen und Diskussionen mit Pastoren über das Thema "Seelische Erschütterung / Gesundheit / Spiritualität / Glaubenszweifel" eingeladen, diesmal in die Kirche St. Nicolaus in Alsterdorf, Sengelmannstraße.

Pastor und Seelsorger Christian Möring begrüßte die 20 Teilnehmer, auch im Namen des Krankenhauses, sehr herzlich. Bevor man zu den Fragen kam (Was sind religiöse Visionen, was sind Psychosen, wie gehen Kirche und Menschen damit um?), stellte Pastorin Hilke Osterwald diesen besonderen Kirchenraum mit seiner Geschichte vor:

Diese Kirche wurde 1889, 60 Jahre nach Gründung der Stiftung Alsterdorf durch Pastor Sengelmann, gebaut. Vorher ging man zur Kirche nach Eppendorf.

Während der Nazizeit und der damit verbundenen Veränderung des Menschenbildes kam es zu Ausgrenzungen, man entsprach hier nicht mehr dem "richtigen" Menschen. 629 Menschen wurden von hier deportiert – auch Kinder –, 550 von ihnen getötet.

Das Altarbild gibt Zeugnis von dieser verzerrten Einstellung. Das dort vorher bestehende Fenster wurde zum 75-jährigen Bestehen der Kirche zugemauert. Pastor Lensch entwarf und malte dieses Altarbild.

Darin sieht man 15 Personen. Jesus und die Helfenden werden von Licht beschienen, bilden mit der Zahl 12 eine geschlossene Einheit. Die 3 anderen Personen (Bewohner der Stiftung) erscheinen nicht auf Augenhöhe, werden nicht von Licht beschienen, sind also doppelt außerhalb. Die Bewohner der Stiftung Alsterdorf wurden zu der Zeit "Kinder" genannt.

Dieses Bild fordert zum genauen Hinschauen auf, ist schwer zu ertragen. Aus diesem Grund und weil es unter Denkmalschutz steht, hat man es zugehängt mit einem Vorhang, bewahrt es als Mahnmal, fordert uns auf, wachsam und achtsam zu bleiben! Vor dem grauen Vorhang hängt nun ein großes, buntes Kreuz, entworfen und gemalt von Peter David, der es der Kirche geschenkt hat.

Diplom-Psychologin Gyöngyvér Sielaff, 1. Vorstzende von Irre menschlich Hamburg e.V., leitete mit ihren warmen Worten die Diskussion ein. Hier, an diesem besonderen Ort, ist das Anderssein nicht weit weg von uns, ist die Durchlässigkeit zu spüren. Was bewegt uns hier besonders?

Schon in der Vorstellungsrunde gab es kurze Lebensbeschreibungen, danach konzentrierte sich das Gespräch vor allem auf Menschen mit religiösen Erleuchtungen, den sogenannten "holy happenings".

• "Wenn ich mit Gott spreche, ist es ein Gebet" – "Wenn Gott mit mir spricht, ist es eine Psychose?" Wer und wie unterscheidet man das?

• "Werden Pastoren schneller psychotisch, wenn sie Gott intensiv erleben?"

• "Wie entsteht Durchlässigkeit?"

• "Was ist unsere innere Stimme?"

Es war sehr spannend und genau der richtige Ort für solche Gedanken.

Musikalisch begleitet wurde die Veranstaltung durch Tanja Gantz (Gesang) und Christina Meyn (Gitarre). Pastor Möring hatte für Kaffee, Tee und wunderbare Brötchen gesorgt, herzlichen Dank dafür!

Von allen Teilnehmerinnen und Teilnehmern wurde eine Fortsetzung dieser Reihe gewünscht. Irre menschlich Hamburg kümmert sich um einen weiteren Veranstaltungsort.

Angela Urban, Irre menschlich Hamburg e.V

Den Bericht einer Teilnehmerin finden Sie hier.

Die Einladung zu diesem Workshop finden Sie hier.