Anthropologische Psychiatrie

Welt in der Krise: eine Herausforderung für die Seele

Schwerpunkt ÄUSSERE BEDROHUNG – INNERE VERARBEITUNG

Die Bedeutung von “Krise“ hat sich geändert: Sie ist nicht mehr vorrangig subjektiv und individuell; sie kommt zunehmend von außen, Menschen-gemacht, und betrifft uns alle – mehr oder weniger. Wir müssen uns alle damit auseinandersetzen. Wir fühlen die reale Bedrohung dieser Welt durch Umweltzerstörung und Klima-Krise. Wir spüren, dass der Krieg näher rückt, denken an das unendliche Leid, das er für Zivilbevölkerung und Soldaten bringt. Wir verzweifeln an dem, was Menschen einander antun und wie wir alle zusammen unsere eigene Lebensgrundlage zerstören – in Krieg und Frieden. Wir fürchten die Entsolidarisierung und das Schwarz-Weiß-Denken in den Medien – oder wir vermeiden, das alles an uns heranzulassen, leben wie immer, fordern unbegrenzt Wachstum, Tempo und Aufrüstung. Was ist gesünder, was ist berechtigter? – Welcher Auftrag an die Politik ergibt sich, wenn wir die innere Welt, den inneren Frieden, ernst nehmen?

Zur Anthropologie von Gesundheit und Krankheit in der Psychiatrie

Wer sich psychisch besonders entwickelt, tut dies nicht ohne Grund und nicht ohne Not. Psychische Krisen sind nicht allein "pathologisch" zu begreifen, sondern auch "anthropologisch" Niemand ist nur gesund oder nur krank, keine Krankheit nur dysfunktional. Neben der Vermeidung von Störung tritt die Suche nach Bedeutung, das Ringen um Gesundheit mit Besonderheit.

Ziel der Vorlesungsreihe "Anthropologische Psychiatrie" ist, seit ihrem Start im Jahr 2000, ein menschliches Bild von psychischen Erkrankungen zu vermitteln, sie nicht auf die Abweichung von statistischen Normen oder die Folge entgleister Transmitter zu reduzieren. Philosophische Betrachtungen zu Menschenbild und therapeutischem Handeln eröffnen einen neuen Diskurs zwischen sozialer und somatischer Psychiatrie, Medizin und Psychologie, zwischen Krisenerfahrenen, Angehörigen und Profis, beruflichen Expert:innen und Expert:innen aus eigener Erfahrung.

Prof. Dr. Thomas Bock

Das Buch zur Vorlesungsreihe "Anstöße – Zu einer anthropologischen Psychiatrie" ist 2004 im Psychiatrieverlag erschienen und in der Vorlesung / im UKE erhältlich. Die Vorlesungsreihe wird als Fortbildung anerkannt (2 Punkte).

Koordination: Prof. Dr. phil. Thomas Bock (E-Mail Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein.), Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie, Zentrum für Psychosoziale Medizin, Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf (UKE).

Bedingt durch die Corona-Pandemie konnte die Vorlesungsreihe "Anthropologische Psychiatrie – philosophische Aspekte psychischer Erkrankungen" nicht life stattfinden. Die Vorlesungen wurden allerdings – und werden immer noch – von der Universität Hamburg als “Lecture2go“ angeboten. Sie können die spannende trialogische Diskussion im großen Hörsaal nicht ersetzen. Doch die Gestaltung als Dialog erlaubt einen breiten Zugang, das online-Format eine großzügige Verbreitung.

Beim Schwerpunkt im Wintersemester 2024/25 – “ÄUSSERE BEDROHUNG – INNERE VERARBEITUNG“ – findet nur die erste Veranstaltung am 17.10.2024 live im Hauptgebäude der Universität Hamburg, Edmund-Siemers-Allee 1 (= ESA 1), Hörsaal M, statt und wird voraussichtlich ab 24.10.2024 auch als “Lecture2go“ zur Verfügung stehen.